Wie Bockenheim den pfälzischen Dialekt pflegt
Bockenheim | 21. August 2022
Als Ur-Pfälzer freue ich mich natürlich, wenn unser Dialekt noch lange gesprochen wird. Umso lobenswerter ist es, wenn es Gemeinden und Vereine gibt, die sich intensiv um die pfälzische Mundart kümmern. Bockenheim ist sicherlich der führende Hotspot in der Pfalz, begleitet von Dannstadt und der Sickinger Höhe.
Der Förderkreis Mundart Bockenheim e.V. organisiert seit vielen Jahren regelmäßig publikumswirksame Veranstaltungen wie die Pfälzischen Mundarttage und den Pfälzischen Mundartdichterwettstreit. Ein weiteres Highlight ist der „Preis der Emichsburg“, der an Personen verliehen wird, die sich um die Mundart und die regionale Kultur besonders verdient gemacht haben. Die Verleihung ist öffentlich, also ein „Event“, an dem ich und jeder von euch, der unseren Dialekt mag, teilnehmen kann.
Ort des Geschehens ist schlicht und passend die Weinlaube. Sie steht auf dem Gelände der ehemaligen Klosterschaffnerei, direkt hinter dem Haus der Deutschen Weinstraße, umgeben von einer alten Mauer. Wo sonst gerne Wanderer, Biker und Radler einkehren, mischen sich heute Mundart-Interessierte dazu.
Der Preisträger 2022 heißt Douglas Madenford aus Pennsylvania. Dahinter steht eine lange Geschichte. Die Kurzversion: Vor etwa 300 Jahren wanderten zahlreiche Pfälzer nach Amerika aus, viele von Ihnen nach Pennsylvania. Deshalb wird bis heute in dem amerikanischen Bundesstaat vereinzelt noch Pfälzisch gesprochen. Zwischen den hiesigen und den pennsylvanischen Pfälzern bestehen enge Beziehungen. Es gibt sogar eine Deutsch-Pennsylvanische Zeitung mit dem Titel "Hiwwe wie Driwwe". Und 2019 entstand eine sehr erfolgreiche Kino-Dokumentation "Hiwwe wie Driwwe" - Pfälzisch in Amerika", in der Douglas Madenford der Hauptprotagonist ist. Außerdem betreibt der rührige Amerikaner einen Youtube-Kanal, in den er bereits 1000 Videos eingestellt hat, die millionenfach geklickt wurden.
Wie mir die Ausführungen von Ortsbürgermeister Gunther Bechtel, von Laudator Dr. Michael Werner (Herausgeber der o.g. Zeitung), von Weingräfin Mara I. und die sehr persönlichen Schilderungen von Douglas Madenford vor Augen führen, setzt sich der Preisträger in seinem Land mit einem unendlich hohen Engagement für den Erhalt der pfälzisch geprägten Sprachkultur ein. Ich bin sehr beeindruckt von Madenfords Lebensleistung, die auch unter die Kategorie Völkerverständigung fällt.
Douglas Madenford startet seine Rede spontan mit einem Witz über die Pfälzer, sehr zur Freude der Besucher, wie hier der Zeichner und Verleger Steffen Boiselle aus Neustadt, selbst Preisträger der Emichsburg.
Überhaupt ist die Preisverleihung recht kurzweilig. Vor allem auch wegen der Band „Woifeschdkänisch“. Der Sänger Monji El Beji und seine zwei Bandkollegen haben das Publikum schnell auf ihrer Seite. Monji geht bei seinen Songs im pfälzischen Dialekt mitten ins Publikum, motiviert die Gäste zum Mitsingen und sorgt so von Anfang an für eine lockere Frühschoppen-Stimmung in der Weinlaube.
Eine News ist die Ankündigung, dass es zu der Dokumentation einen zweiten Teil geben wird, in der Monji El Beji die Hauptperson sein wird. Dies hat ihn motiviert, einen „Soundtrack“ zu schreiben, aus dem er spontan zusammen mit Douglas Madenford den Song „Iwwerm Ozean“ vorträgt. Inhaltlich und musikalisch absolut top!
Die Begegnung mit den Menschen, die sich derart für unsere Mundart engagieren, war heute für mich ein wichtiger, lehrreicher Weinstraßenmoment.
Text und Fotos: Jürgen Cronauer
APROPOS: Die bekannte Weinlaube in Bockenheim, die von Frühjahr bis Herbst am Wochenende wechselweise von verschiedenen Winzern bewirtet wird. An bestimmten Freitagen gibt´s Livemusik. (Termine und Öffnungszeiten unter bockenheim-online.de > Entdecken).