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Spannender Ortsrundgang in Gleisweiler

Gleisweiler  |  25.Juli 2021

Gleisweiler - Hauptstraße

Ich habe mich zur Ortsführung bei Felix Wellhausen angemeldet. Diese bietet er mehrmals im Jahr an. Treffpunkt ist die Hauptstraße, gleich vorne links am Reitschulplatz. Natürlich möchte ich hier nicht alles preis geben, was uns Felix Wellhausen erzählte. Nur so viel vorneweg: Es lohnt sich sehr, mit den Gleisweilerer eine Runde durch den sehenswerten Ort zu drehen.

Gleisweiler Reitschulplatz

An diesem Sonntag sind wir leider nur zu dritt. Im Schatten eines asiatischen Blauglockenbaumes vor der klassizistischen Sommervilla (1842) erzählt uns Felix Wellhausen von der Herrschaft der Kurpfalz, der Franzosen und der Bayern in Gleisweiler und warum Gleisweiler eine katholische und eine protestantische Kirche hat. Interessant ist die Tatsache, dass im 2. Weltkrieg in Gleisweiler keine Häuser zerstört wurden und deshalb noch einiges an uralter Bausubstanz vorzufinden ist. Das bronzene Reitschul-Denkmal auf dem Platz stammt von dem ehemals hier lebenden Künstler Herbert Lorenz.

Gleisweiler - Hauptstraße - Simonshof

An der zweiten Station, dem Simonshof, erklärt uns Felix Wellhausen zahlreiche Details zu den früheren und heutigen Besitzern. Beim Weiterlaufen sprechen wir über Schweinetröge, ein neues Seminarhotel und die ortstypische Bauweise auf einem Hochkeller.

Gleisweiler - Hauptstraße - Kirche - Eichplatz

Am ehemaligen Eichplatz und am Schulgässel fallen wir zurück in die alten Zeiten. Felix Wellhausen beantwortet geduldig viele Fragen. Als „Zugezogener“ hat er sich sehr intensiv in die Geschichte und das Leben in Gleisweiler eingearbeitet.

Gleisweiler -Hauptstraße Ecke Kirchstraße - Kath. Kirche

Rund um und in der katholischen St. Stephanskirche entdecken wir dank unseres Begleiters unendlich viele Details und erkennen sogar als Laien, welche Größe das frühere Kirchschiff hatte.

Durch die Steigungen im Ort erfährt man sehr gut die besondere Hanglage Gleisweilers zwischen der Weinebene und dem Übergang zum Pfälzerwald. An vielen Stellen im Ort genießen wir die tolle Aussicht auf die Reben und die Rheinebene. Und wir können in einige sehr schöne private Gärten reinspitzeln.

Gleisweiler - Badstraße - Aquarius-Brunnen

Am Aquarius-Brunnen beginnt die Badstraße. Hier treffen wir Michael (nicht im Bild), mit dem wir sofort ins Gespräch kommen. Er ist auf dem Weg zu seinem „Läd´l“. In dem kleinen Laden gegenüber dem Brunnen gibt es Kaffee, Getränke, Eis, Backwaren. Wir sind sofort in der Politik unterwegs und diskutieren über Sinn oder vielmehr den Unsinn, dass er keine offene Weinschorle verkaufen darf, ein Getränk, das hier von Einheimischen wie auch von Touristen häufig nachgefragt wird. In der Flasche geht´s, nur im Glas darf er es nicht ausschenken. Als ich später nach der Führung gegen 14 Uhr nochmal am Läd´l vorbeikomme, sind fast alle Tische vor dem Laden und auf dem Aquarius-Brunnenplatz belegt. Gemütlich. Hinter dem Brunnen erhebt sich die protestantische Kirche mit einer alten Sakristei.

Gleisweiler - Badstraße - Pfarrhaus und ehem. Zehnthaus

Das Pfarrpäddel führt zum einstöckigen Pfarrhaus, das früher auch als Zehnthaus gedient hat. Der Platz zwischen den beiden Kirchen trägt seit 2021 den Namen von Heiner Geißler. Der Politiker hat viele Jahre in Gleisweiler gewohnt und viel für die Gemeinde getan.

Gleisweiler - Badstraße

Am nächsten Haus fragt die Dame in unserer Runde: „Wohnen hier die sieben Zwerge?“ In der Tat erscheint das in den Hang gebaute Haus sehr niedrig und eng, laut Türsturz stammt es aus dem 18. Jahrhundert. Ich frage sie, woher sie kommt. Sie heißt Mira, kommt aus Polen, genauer gesagt aus Breslau. Sie arbeitet als Pflegerin in Gleisweiler und hat sich heute mal frei nehmen können, um die Ortsführung mitzumachen.

 

Zwischendurch sprechen wir über die fünf Winzer, die es in Gleisweiler noch gibt. Die Erfahrungen von Felix Wellhausen teilen sich mit meinen: Heute gibt es in der Pfalz keinen schlechten Wein mehr. Die Söhne und Töchter haben meist ein Studium, die Betriebe achten auf Qualität statt auf Masse und viele sind bereits in Bio unterwegs. So gesehen sind auch die Gleisweilerer Weine zu empfehlen, wie zum Beispiel der gelbe Muskateller.

Gleisweiler - Badstraße - Klinik

Wir erreichen bald das Gelände der Klinik „Bad Gleisweiler“, geprägt von dem etwa 50 Meter hohen Mammutbaum.

Gleisweiler - Badstraße - Park der Klinik

Der Park ist heute wegen Corona für Außenstehende gesperrt, daher kann ich den Sonnentempel nur zu einem Teil aus der Entfernung sehen. Wellhausen erzählt uns die Geschichte, wie die zahlreichen botanisch besonderen Bäume und Pflanzen nach Gleisweiler gekommen sind.

Gleisweiler - Zum Sonnenberg - Rückseite des ehem. Zehnthauses

Von der Klinik nehmen wir den für Autos gesperrten Weg namens Bornswiese, um abwärts ins Dorf zurück zu kehren. Dann biegen wir links ab in die Straße „Zum Sonnenberg“. Hier wartet die für mich größte Überraschung auf uns: Während nämlich das Zehnthaus (Pfarrhaus) oben in der Badstraße einstöckig zu sehen war, geht die Rückseite über fünf Stockwerke. Jetzt kann ich mir eher vorstellen, dass das Anwesen als Zehntkeller genutzt wurde und man genügend Platz hatte für die „Naturaliensteuer der Landwirte“. Heute ist das Papiermuseum hier untergebracht, es erinnert an die frühere Papiermühle im Hainbachtal. Wellhausen weiß viele weitere Details zum Zehnthaus zu berichten.

Gleisweiler - Zum Sonnenberg - Kleiner Park am Zehnthaus

Leider muss sich Mira nun verabschieden. Der Dienst ruft. Sie bestätigt aber, dass sie heute von Felix Wellhausen (li.) eine ganze Menge über ihren Ort erfahren hat und froh ist, an der Führung teilgenommen zu haben.

Gleisweiler - Kirchstraße

Zu zweit geht´s weiter. Wir passieren drei Tiny-Häuser und kommen zurück an die katholische Kirche. Linkerhand führt die Kirchstraße bergan.

Gleisweiler - Ecke Bergstraße/Kirchstraße

Wir spazieren vorbei an einigen alten landwirtschaftlich geprägten Gebäuden, dem Schuhmachergässel bis zur Ecke Bergstraße. Auf dem Eckgrundstück des Künstlers Herbert Lorenz fallen mir die Skulpturen in Auge, die er zu Lebzeiten im Naturgarten aufgestellt hat. 

Gleisweiler - Bergstraße - Hinzlochbrunnen

Eine Besonderheit ist der Hinzlochbrunnen. Mit seinen 500 Jahren ist er vermutlich der älteste noch intakte Brunnen an der Weinstraße. Wenn er erzählen könnte? Ich versuche mich in die Zeit hinein zu versetzen, als die Menschen mehrmals am Tag mit ihren Kannen hierher  kamen, um Wasser zum Trinken, zum Kochen und für das Vieh zu holen.

Gleisweiler - Berstraße/Zum Schützenberg - Kastanienbaum

Felix Wellhausen treibt mich noch ein Stück die Bergstraße bzw. den Schützenberg hoch. Aus gutem Grund. Am Waldrand steht eine etwa 500 Jahre alte, noch lebende Kastanie. Professor Roloff von der Uni Dresden hat die Kastanie untersucht und sie zum einzigen „Welterbebaum“ in Rheinland-Pfalz gemacht.

Gleisweiler - Bergstraße - Landhaus Barthelemy

Der Weg geht zurück über die Bergstraße, vorbei an altem Fachwerk, einem Maulbeerbaum und dem Landhaus Barthelemy mit einem hübschen Renaissance-Tor. Schließlich treffen wir wieder auf den Reitschulplatz, den Ausgangspunkt unserer Tour. Obwohl wir nur zu dritt unterwegs waren, hat der Rundgang zwei Stunden gedauert – so viel Interessantes gab es zu erzählen und zu sehen.

 

Kontakt:                                                      Text und Fotos: Jürgen Cronauer