Weinlandschaft bei Kallstadt | zur Startseite Weinlandschaft bei Kallstadt | zur Startseite
Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Herzliche Weinprobe im Weingut Georg Mosbacher

Forst  |  27. Januar 2022

 

Weingut Georg Mosbacher in Forst

Als wir nach unserer Weinlagenwanderung rund um Forst auf das Weingut Mosbacher zulaufen, fährt ein Wagen in den Hof. Ein reiferer Herr steigt aus, begrüßt uns und schon sind wir mit dem Senior Richard Mosbacher im Gespräch, erhalten eine kompakte Einführung in die Familiengeschichte des VDP-Weinguts. Dann lädt er uns in die Probierstube ein, wo uns eine junge Dame sehr freundlich empfängt.

Die Corona-Regularien sind schnell erledigt, wir dürfen an einem der beiden Tische Platz nehmen. Die Weingläser mit einem extrem dünnen Stiel sind sehr hochwertig. Schon fließt der erste Probeschluck. Wir starten mit der Nummer 1 der Weinliste, dem VDP-Gutswein „Georg Mosbacher“, einem trockenen Riesling aus einfacheren Lagen in der Ebene, der uns sofort beeindruckt. „Das ist unser meistverkaufter Wein“, lässt uns Richard Mosbacher wissen. Für uns ist das eine interessante Botschaft. Denn wenn der Einstiegswein eines Winzers erfolgreich ist, sind die weiteren Weine meistens eine Steigerung. Selbst in Norwegen hat dieser Guts-Riesling viele Freunde gewonnen.

 

Die Vinothek hat nur zwei Tische, sie ist aber eine gelungene Mischung aus modernen und gediegenen Elementen, wie z. B. die schönen Gemälde mit Forster Motiven, die den Ort so zeigen, wie wir ihn auf unserer Weinlagenwanderung zwei Stunden zuvor gesehen haben.

Weinprobe mit Katharina Weisbrodt, Walter und Wolfgang

Erste Lagen bis Große Lagen

Wir steigen ein in die VDP-Erste Lagen, die für Riesling-Weine prädestiniert sind. Forster Stift, Forster Elster, Deidesheimer Mäushöhle, Deidesheimer Paradiesgarten, Deidesheimer Leinhöhle, Wachenheimer Gerümpel – überall schlürfen wir rein. Während manch andere Weingüter bei einer Verkostung mit den Großen Gewächsen – verständlicherweise – recht zurückhaltend sind, geht unsere Gastgeberin sehr offen damit um. Ungeheuer und Pechstein sind weltberühmte Lagen, die jeder Rieslingfreund kennt. Und jetzt fließen sie wie flüssiges Gold in unsere Gläser. Duft, Aroma, die Mineralität, der Geschmack im Mund und der Abgang sind ein außergewöhnlicher Genuss, der mit 35 bis 38 Euro je Flasche auch seinen Preis hat, uns aber auch zum Schwärmen bringt.

Richard Mosbacher und Wolfgang Thomas, zwei Experten im Element

Senior Richard Mosbacher (links) steht lange am Tisch, fachsimpelt intensiv mit Wolfgang (re.), dem Wein- und Kulturbotschafter in unserem Wanderteam. Später setzt sich der 84-jährige auf meine Seite und erzählt weitere spannende Geschichten aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz als Forster Winzer. 1957 ist er in den elterlichen Betrieb eingestiegen, hat bis 1977 mit seinem Vater Richard zusammengearbeitet. Ab dann war er bis 2005 der verantwortliche Kellermeister. Das Weingut habe sich zu einem der erfolgreichsten Prämierungsweingüter Deutschland entwickelt, unter anderem habe er 28 Staatsehrenpreise erzielt, davon zweimal Gold.

 

Wir fragen die aufgeweckte junge Dame, die uns so zuvorkommend betreut, ob sie zur Weinguts-Familie gehört. Das nicht, verrät sie uns. Sie heißt Katharina Weisbrodt, ist ein „echtes Deidesheimer Mädel“, aber ihr Vater Andreas Weisbrodt arbeitet seit 23 Jahren(!) im Weingut Mosbacher. Katharina ist sehr kompetent, schlagfertig, freundlich, hat jederzeit den Überblick und ist immer im Film. Zwischendurch legt sie uns ein chices Booklet auf den Tisch, in dem die Lagen dargestellt sind, die das Weingut bearbeitet.

 

Die vielen Gesichter des Rieslings

Ich wundere mich von Wein zu Wein, wie unterschiedlich dieselbe Rebsorte aus unterschiedlichen Weinlagen schmecken kann. Gerade bei diesem Vergleich von VDP-Rieslingen erkennt man gut, wie sehr das Terroir, der Boden und die Lage des Weinbergs, das Klima und letztendlich auch die Handschrift des Winzers den Duft und den Geschmack des Weins prägen. Und wie so oft in unserem Wanderteam bewerten wir einige Weine völlig unterschiedlich. „Das sei bei einer Weinverkostung völlig normal“, bestätigt uns Katharina.

 

Neben dem Tisch befindet sich ein Sideboard mit zahlreichen aktuellen Urkunden und Zeitschriften. „Eigentlich hätten wir die Weine probieren müssen, die auf den Urkunden zu sehen sind“, sage ich zu Wolfgang. Selbst dieser nicht wirklich ernst gemeinte Hinweis entgeht dem aufmerksamen Service im Hause Mosbacher nicht. Wie von Geisterhand segelt eine Flasche über meine Schulter auf den Tisch. „Das ist der Forster Musenhang, die große Urkunde dort, mit dem wir beim „Feinschmecker-Riesling-Cup“ den ersten Preis belegt haben.“ Diesmal ist es Chefin Sabine Mosbacher-Düringer, die uns mit dieser Geste überrascht. Nach dem Erscheinen des Artikels in der aktuellen Ausgabe des Magazins sei die Nachfrage explodiert. Damit die Kunden das Terroir des Siegerweins kennen lernen können, hat das Weingut ein Paket mit den Jahrgängen 2018, 2019, 2020 „gepackt“. Dreimal gekauft!

 

Schließlich macht Katharina noch einen Expertentest mit uns. Sie schenkt einen guten Tropfen ein und möchte wissen, welchen Jahrgang wir im Glas haben. Während Walter (im 2. Foto ganz links) und ich nicht draufkommen, liegt Wolfgang richtig: 2018. Der 2018er Riesling aus dem Deidesheimer Kieselberg ist ein sehr imposantes Großes Gewächs.

Der Wein zum 100-jährigen Jubiläum des Weinguts

Senior Richard empfiehlt Katharina, noch eine Flasche Jubiläumswein zu holen.  „Steht schon bereit“, meint die pfiffige junge Frau und setzt damit bei der Verkostung noch ein i-Tüpfelchen drauf. In der Weinliste kann ich nachlesen, was das Besondere an dem Wein ist, der zum 100-jährigen Bestehen des Weinguts produziert wurde: „Traditionell vinifiziert, spontan vergoren und im Stückfass ausgebaut, ist er all jenen gewidmet, die das Weingut in den letzten 100 Jahren geprägt haben“. So entstand dieser Forster Riesling trocken. Das Etikett (siehe oben) ist 1:1 ein Reprint des früheren Weingutsetiketts. Katharina erklärt uns „durch den zuckerfreien Extrakt und den Ausbau wie vor 100 Jahren erhält der Wein eine besondere, cremige Geschmacksnote, so, wie man den Riesling vor vielen Jahrzehnten halt getrunken hat“. Das ist ein spannender Vergleich. Mein Typ ist der Wein aber eher nicht, doch Wolfgang kann sich mit dem „Jubiläumstropfen“ sehr gut anfreunden.

 

Ein überraschend angenehmer Nachmittag

Selten habe ich eine so offene Gastfreundschaft bei einer spontanen, unangemeldeten Weinverkostung erlebt. Für Katharina war es selbstverständlich, uns die gesamte Vielfalt der Mosbacher Rieslinge zu demonstrieren. Ihr und Richard Mosbacher war auch nicht entgangen, dass wir uns ernsthaft für die Weine und deren Besonderheiten interessierten und durchaus ein wenig Erfahrung mit dem Weinprobieren mitbrachten. Das hat auch den beiden – hoffentlich – gefallen.

 

Wolfgangs Kommentar nach der Weinprobe: „Kompliment. Das Weingut hatte ich bisher nicht auf dem Schirm. Aber bei meinen Weinproben werde ich die Weine künftig einbauen“.

Und wie lautet mein persönliches Fazit?

 

Die Verkostung beim Weingut Georg Mosbacher ist eine Reise durch die unterschiedlichsten Rieslingstile aus den besten Lagen der Pfalz. Familiäre Atmosphäre, anspruchsvolle Geschmackserlebnisse, man nimmt sich Zeit, eine Bereicherung.“

 

Text: Jürgen Cronauer    Fotos: Weingut Georg Mosbacher (1), Jürgen Cronauer (2, 3, 4)